Bilderleiste2
BuiltWithNOF
Lebenswerte Stadt

Die nachfolgenden Kurzgeschichten von einer zukunftsfähigen, attraktiven lebenswerten Stadt hat uns Ursula Stratmann zugeschickt. Vielen Dank!

Frau Stratmann unternimmt regelmäßig sehr unterhaltsame und interessante botanische Führungen durch das Ruhrtal und andere attraktive (und essbare) Landschaften in der Nähe von Witten.

Mein Stadtparadies 2015

Die Sonne scheint. Wo die Kinder wohl sind? Natürlich draußen unter den alten Platanen auf dem Spielplatz! Wir wohnen an einem kreis-runden Platz autofrei mitten in der Stadt. Der Platz wird eingerahmt von einer Reihe Holzhäusern, vor denen eine Allee Apfelbäume steht, die gerade herrlich rosa blühen.

Ich erinnere mich an das herbstliche Apfelfest, das wir dort letztes Jahr mit allen Anwohner gefeiert haben. Die Bäume waren übervoll behangen mit schönen gesunden Früchten. Diese große Fülle haben wir auch dem älteren Herrn von gegenüber zu verdanken, dessen Hobby die Bienenzucht ist. Zwei Mal im Jahr lädt er uns in seinen Garten ein, wo wir die Bienen besuchen und seinen neuen Honig probieren dürfen.

Meine Erinnerungen ans Herbstfest kreisen um Apfelsaft und Apfeltorte. Die Kinder hatten mit Begeisterung die Äpfel eingesammelt, die von 10 verschiedenen Sorten stammten und dann aus den geschälten Stücken für uns ein Rätsel gebastelt: „Probiert mal, welche Sorte ist es?“ Das war gar nicht so einfach….sauer, sehr sauer, süß, fest, saftig, mehlig (Klarapfel, Berlepsch, Elstar, Boskoop, Undine, Idared u.a...)…Die alte Frau Schmitt von nebenan hat gewonnen. Sie kannte die vielen Sorten noch aus ihrer Kindheit.

Die alten Damen der Siedlung saßen auf den Bänken im Kreisel und nahmen die Äpfel entgegen, um sie zu schälen und wir Mütter und Väter hatten die Ehre, die Kurbel der Apfelsaftpresse bedienen zu dürfen und Apfeltorten zu backen. Was es da alles gab: Apfeltorte mit Baiserhaube, Apfel-Schoko-Kuchen, Quark-Apfeltorte, Apfelsouffle, -klöße, -waffeln, mit Streusseln, Bratäpfel… Ich freu mich schon aufs nächste Mal.

Da zwischen den Äpfeln auch Pflaumen- , Kirsch- und Mirabellenbäume stehen und der Holzzaun zum Spielplatz noch mit Himbeeren berankt ist, sollten wir vielleicht öfter solche schönen Feste veranstalten. Das Gute ist, dass die Menge der Früchte gerade für alle Anwohner reicht und nicht solche Mengen runterkommen, dass man im Erntestress ist.

Die Kinder finde ich bei den Kaninchen, die unter der großen Platane in einem offenen Gehege leben. Heute sind meine Kinder mit füttern dran. Die Tiere bekommen von den Anwohnern die Gemüsereste aus der Küche und einen Teil der unerwünschten Kräuter aus dem Garten.

Morgen muss ich den Stall säubern und reparieren. Da sich alle Anwohner dran beteiligen, bin ich zum Glück nur alle 6 Wochen dran. Ich freu mich über den Karnickelmist, denn der gibt meinem Garten noch einen schöne Menge Gratis-Bio-Dünger. Ich baue dort 15 verschiedene Kartoffelsorten an und erfreu mich an den verschiedenen Farben, Formen und Geschmäckern.

Auch Topinambur wächst bei mir. Wenn geerntet wird, dürfen alle Kinder aus der Straße erst mit den Knollen spielen und daraus einen Zoo aufbauen, denn die meisten Sorten sehen wie Bären oder Hunde aus. Die Kinder prämieren dann immer wie bei DSDS die hübschesten Knollen . Mit den schönen Sonnenblüten der Plfanzen mache ich immer Sträuße, die die Kinder mit in die Schule nehmen. Wenn man den Topinambur ohne Blüten weiter wachsen lässt, werden außerdem die Knollen noch größer.

Ich hole die Kinder zum essen rein, es wird Zeit fürs Bett. Zum Abend dürfen die Kinder noch etwas fernsehen. Es gibt bei unserem spirituellen Stadtsender heute eine Sendung über die neuesten Kornkreise in England und spirituelle Musik aus aller Welt zum Mittanzen. Das finden alle immer ganz herrlich, im Schlafanzug , auf dem weißen Wollteppich vor dem Einschlafen noch zu schöner Musik zu tanzen, die Teddies dürfen auch mitmachen. Die finden die indianischen Tänze am schönsten….

Endlich Ruhe! Ich gehe noch einmal raus in die laue Nachtluft und pflücke mir von unserem Kräuterbeet auf dem Platz frische Lavendelblüten für meinen Schlaftee. Ich steche mich an den Brennnesseln und überlege, ob ich sie morgen dort entfernen soll. In dem Moment wird mir klar, dass sie auch deswegen da steht, damit ich genauer hinsehe, auch aufmerksam für die Schönheit und Besonderheit der kleinen und überhaupt aller Kräuter werde. Ich werde sie trotzdem entfernen, damit die alte Dame von nebenan, die nicht mehr so gut sieht, sich nicht sticht, wenn sie dort Lavendel pflückt. Ich werde von den Brennnesseln Spinat kochen.

Der Spirit-Sender bringt eine Meditation, an der ich noch teilnehme. Dann kuschel auch ich mich in mein Bett und danke für die Schönheit und Vollkommenheit dieser herrlichen Schöpfung! Meine Träume handeln von knorrigen alten Baumschönheiten und bunten heiteren Herbstfesten….

----------------------------------------------------

Visionen für meine Heimatstadt Witten

von Ursula Stratmann

Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in einer essbaren Stadt! Nein, nicht mit Häusern aus Schokolade oder Süßigkeiten! Ich meine eine Stadt mit Tomaten und Pflücksalat vom Balkon! Oder Johannisbeeren aus dem Stadtpark! Mit essbaren Straßenrändern voller Löwenzahn, Kräutern und Himbeeren.
Mein utopischer Traum ist eine Selbstversorgung mitten zwischen Stadtsparkasse, Bücherei, Schulen und Wohnhäusern. Außerdem ist es überall so schön grün und bunt, dass ich zur Erholung nicht aufs Land fahren muss: Ein Spaziergang durch die Stadt schenkt mir Blumen, Schmetterlinge, gute Luft und Brombeeren…

Äpfel vor der Tür

Ich fände es absolut faszinierend, in der Ruhrstraße aus der Tür zu treten und einen öffentlichen Apfelbaum mit schönen roten Früchten vorzufinden. Ich würde mir einen pflücken und bräuchte dann nicht mehr den ach so weit gereisten Braeburn aus Neuseeland kaufen, was mein Umweltgewissen immer so plagt.

Und die Frucht! So frisch! Gerade noch lebendig und jetzt schon in meinem Verdauungskanal. Mein geliebter einmaliger Wittener-City-Bio-Apfel! Mit einer Qualität, die mir kein Apfel von Aldi liefern kann, denn der hat meist schon einen langen Weg hinter sich, mit dem LKW aus Südtirol, gelagert im Kühlhaus, an der Obsttheke und bei mir zu Hause, good bye ihr schönen Vitamine…

Nebenbei würde der Anbau von Walnuss-, Apfel- oder Birnbäumen in der Stadt auch die zur Zeit heftig überfüllten öffentlichen „Tafeln“ entlasten. „Aber dann würde sich ja JEDER einen pflücken!“ sagen Sie jetzt? Genau darum geht es!

Auch der Stadtpark könnte mit Obstbäumen oder Beerensträuchern als Gratis-Vitamintheke brillieren, Touristen anlocken und Kinder und Bienen begeistern.

Guerilliagärtner

Auf einer benachbarten Grünfläche hat ein Guerillagärtner die Brennnesseln gemäht. Sie wissen nicht, was ein Guerillagärtner ist? Er sät heimlich nachts (oder auch tagsüber betont öffentlich J) auf Brachflächen, Wegrändern und Straßeninseln Blumensamen. Oder er pflanzt dort Stauden oder Beerensträucher mit dem Ziel, die Stadt grüner und lebensfreundlicher zu machen. So fragt ein Dortmunder Student, wenn er auf seinen Job angesprochen wird: „Würde es ihnen nicht auch besser gefallen, wenn die Dortmunder Innenstadt bunter und blumiger wäre? Kaum einer kann dazu nein sagen….

Zurück zu meinem kundigen Guerillagärtner aus meiner Vision: Er hat  die Brennnesseln gemäht und - nun erkennen wir in ihm den erfahrenen Öko-Gärtner - sie natürlich nicht in die Mülltonne entsorgt, sondern einen Teil davon als Spinat verzehrt und mit dem Rest Brennnesseljauche hergestellt. Diesen benutzt er als 5-Sterne-gratis-Ökodünger. Auf der Brachfläche hat er biologisch Salat, Möhren und Kartoffeln angebaut, die dank der Brennnesseldüngung Gigantismus-Symptome zeigen J….und dann hat er sie für die Öffentlichkeit freigegeben.

Wer ist dieser geheimnisvolle Wohltäter? Einer aus dem Rotarierclub? Ein Rentner, der gerne gärtnert? Einer, der gegen seinen hohen Blutdruck Gartenarbeit verordnet bekommen hat? So ein Anthroposoph, der auch gefüllte Kuhhörner als Geschenk für die Pflanzen vergräbt? Ein Schamane, der um die Heilkraft der Brennnessel weiß? Egal wer! Aber danke!

Ich pflücke mir ein paar Salat-Blättchen und verspeise sie genüsslich, wohl wissend, dass ich mir damit eine Portion Ballaststoffe und Vitamine gönne. Damit erspare ich mir auch die 15 verschiedenen Pestizide, die man in italienischen Salaten so ab und zu findet. Außerdem ist der italienische Salat fast immer schon völlig von Vitaminen befreit.

Und ich freue mich über die gute Luft! Pflanzen sind doch die besten Sauerstoffproduzenten! Und hier in Witten auch noch direkt vor meiner Nase! Ich freue mich auch über den hübschen Anblick. Es ist grün und bunt und lebendig!

Selbstversorgung in der Stadt

Falls Sie unter Kontaktarmut leiden und dringend Menschen kennen lernen möchten, gibt es drei Möglichkeiten: Kaufen Sie sich einen besonders kleinen Hund. Oder leihen Sie sich ein besonders süßes Kind (falls Sie nicht selbst eins haben..). Oder bauen Sie auf Ihrem Balkon Erbsen an, deren Ausläufer bis zum Nachbarn auf den Balkon ranken….“Möchten Sie bei mir (nicht einen Kaffee, sondern) eine Erbsenschote probieren?“

In den Blumen-Töpfen können Sie auch noch einen Teil ihrer biologischen Abfälle vergraben, als Dünger sozusagen, falls mal die Müllabfuhr nicht mehr kommt. So sind Ihre Kaffeefilterreste, Eier- oder Apfelschalen direkte Geschenke für Ihr Gemüse. Das kommt Ihnen komisch vor? Die Idee stammt aus der „Permakulturszene“, die mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Ertrag erwirtschaften will auf kleiner Fläche und als Geschenk für die Erde…Da gibt es sogar Menschen, die einen Großteil ihrer Selbstversorgung auf ihrem Balkon schaffen!! Das können Sie bei Sepp Holzer nachlesen, unglaubliche Geschichten! Dank der neuen Säulen-Obstbäume können Sie Kirschen und Apfelbäume sogar direkt auf ihrem Balkon ziehen. Und diese noch als Rankhilfen für Ihre Erbsen benutzen, sie wissen schon, warum…

Eine Wittener Eisdiele mitten in der Stadt hat als Begrünung ihrer Außensitzplätze Weinranken an den Schaufenstern hochgezogen. Im Sommer haben sie dort 80 Kilo Weintrauben geerntet! Ob die auch schmecken? Erstaunlich herrlich süß! Viele Gäste fragen, ob sie mal probieren dürfen…

Stadtwildnis auf den Tisch!

Am Straßenrand oder Wegrand, im Stadtpark oder an der Ruhr, am Radweg und im Hinterhof gibt es eine wilde Gemüsetheke. Hier kann man sich Löwenzahn und Gänsedistel, Schafgarbe und Giersch, Wegerich und Knoblauchsrauke pflücken und damit einen herrlichen Wildkräutersalat zubereiten. Saisonal und regional, meist bio und gratis! Und dazu noch voller Vitamine! Wenn man Vitamine und Mineralstoff-gehalte von Wildkräutern und gezüchteten Gemüsen vergleicht, schneiden die Wildkräuter weitaus besser ab! Mit so einem Salat oder Spinat pro Tag ist die Gesundheit gerettet! Und die Krankenkassen auch. Die Hunde werden mit kleinen Holzzäunchen davon abgehalten, ihr Geschäft dort zu erledigen, so dass man unbesorgt genießen kann.

Bio-Super-Markt

Der Bio-Supermarkt mitten in der Stadt ist immer eine Reise wert. Das Gebäude ist holzverkleidet und seine Fassaden sind begrünt mit immergrünem Efeu (für den Winter und die Vögel), mit Weinranken (für die Kinder, die Schönheit und die geruhsamen Abendstunden) und mit Spalierbirnen. Allein das Supermarkt-Gebäude ist schon eine Schönheit! Rundherum sind die Beete voller alter Gemüsesorten und Kräuter, an denen Schilder stehen, der kleine „botanische Alt-Gemüsesorten-Garten“. Dazwischen wuchern bunte Wildkräuter, nach Farben geordnet und ordnungsgemäß beschildert, für Anfänger im Wildkräuterdschungel.

Natürlich ist das Sortiment im Laden zum großen Teil regional, vielfältig und schön angerichtet. Aus meinem Garten bringe ich heute meinen Überschuss an Topinambur mit, den ich nicht selbst aufbrauchen kann. Meine Nachbarn haben auch schon genug. So bringe ich also einen Teil in den Laden zur Tauschbörse und nehme stattdessen von jemand anderem gelbe Tomaten aus seinem Garten mit.

 

[Ökodorf Ruhrgebiet] [Visionen] [Unser Projektname] [Lebenswerte Stadt] [Gemeinschaftsgärten] [Vorbilder] [Filmecke] [Entwicklung] [Aktuelles] [Projekte] [Kalender] [Veranstaltungen] [Veranst.-Orte] [Empfehlungen] [Links] [Geschichten] [Impressum] [Kontakt]